Macht

ich habe schon viele texte und theorien über die strukturen von macht, hierarchie und ausbeutung gelesen. doch wenige haben mich so sehr überzeugt wie die, die étienne de la boétie in "von der freiwilligen knechtschaft" darlegt.
ich wurde auf den text aufmerksam, da gustav landauer sehr viel von diesem text hielt, ihn überschwenglich lobte, und auch, soweit ich weiss, ins deutsche übersetzte.
der text wurde im 16ten jahrhundert geschrieben, und richtet sich vorallem gegen die absolutistische bzw. tyrannische monarchie. ich denke aber, man kann ihn auf alle hierarchische staaten, und hierarchien an sich, auch rein soziale, beziehen.
étienne de la boétie wirft die frage auf, wie ein einzelner, der despot, ein volk von millionen beherschen kann. (bei modernen staaten müsste man dann den "einzelnen" durch die entsprechenden machtzirkel ersetzen).
die waffengewalt seiner wachen und untergebenen können nicht der grund sein, schreibt la boétie, denn es sind mehr despoten von ihren wachen vergiftet, erschlagen usw. wurden als das sie ihn ewig geschützt hätten. ebenso kann man sagen, dass es auch die armeen und polizei nicht sein kann, auf der die macht gründet, dann auch viele despoten sind schon von ihrer eigenen armee gestürzt wurden.
boétie beschreibt die funktionsweise von macht wie folgt.
an der spitze steht der einzelne. aber dieser einzelne hat 5 menschen um sich herum, die von seiner macht am meisten profitieren, und deswegen alles tun, um ihn an der macht zu halten (die zahl 5 ist natürlich nur ein beispiel, eine metapher). diese 5 wiederum haben jeweils auch wieder 5 um sich, die auch wieder von ihnen profitieren, und diese 5 nun wieder an der macht halten. diese 5 haben dann auch wieder 5 und so. so geht es in der hierarchie herab, und die anzahl wird immer grösser, bis zu den machthabern auf lokalster und kleiner ebene.
alle erhoffen sich davon zu profitieren die jeweils über ihnen liegenden an der macht zu halten bzw. sie milde zu stimmen oder sie auf ihre seite zu siehen - und nicht gegen sie zu revoltieren.
das ist ein muster, dass mir immer wieder ins auge fällt, wenn ich machtsysteme anschaue. boéties beschreibung ist meines erachtens sehr zutreffend und brilliant analysiert.
und ich denke es gilt eben für heutige gesellschaften noch genauso wie für die despotie damals.
auch heute denken fast alle menschen, sie profitieren, wenn sie das machtsystem erhalten, anstatt es anzugreifen.
der "einfache mann" sowieso, der sich von ruhigen verhältnissen mehr erhofft - geld, luxus, "ruhe" - anstatt von einem umsturz. aber selbst die menschen auf der untersten ebene, arbeitslose, ausgestossene, rebellieren nicht, weil sie immer noch denken, sie hätten einen vorteil, wenn sie sich dem system fügen.
in wirklichkeit stimmt dies jedoch nicht. der überwiegende teil der bevölkerung hat einen nachteil von dem jetzigem system, und seine situation könnte sich unendlich mal bessern, wenn es einen umsturz, gäbe, eine revolution.
das ist, was die menschen begreifen sollten.

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