ich mache hier etwas, was ich eigentlich in einem anderen text abgelehnt habe; etwas über stirner zu schreiben, was er nicht *direkt*, wörtlich in seinem text geschrieben hat (ich habe aber meinen grund für diesen "bruch" in meinen eigenen aussagen).
die frage, ob stirner anarchist ist.
er selbst reiht sich nicht schriftlich in die reihe der anarchisten, der befürworter der anarchie ein. dennoch, denke ich, gibt es dinge, denen man nachgehen kann. er benutzt häufig das wort "hierarchie" gegen die er sich wendet, die er abgeschafft sehen will. ein gegner jeglicher hierarchie ist doch - ein anarchist? das mag sich für eine spitzfindigkeit von wörtern anhören, und ist alleinig sicherlich nicht beweis genug. doch gibt es noch weitere indizien; gleich an mehreren stellen in stirners werk ruft er zu einer totalen revolution, zu einem totalen zusammenbruch des gesellschaftlichen system auf; die wege und ziele, auf die er sich dabei beruft, gleichen denen der revolutionären anarchisten auf verblüffende weise; einen zusammenschluss aller arbeiter, die sich den ausbeutern verweigern, notfalls mit allen mitteln.
das stirner staat, kapital, kirche, gesetze und das bürgertum radikalst kritisiert und "überflüssig" machen will geht aus seinem werk hervor, und damit - in gewisser weise - sich auch in die reihe der anarchistischen thesen einreiht, und braucht hier nicht noch einmal erwähnt zu werden.
eine ausführliche beweisführung der offeneren anarchistischen punkte in stirners werk soll hier vorerst ausbleiben, dies wäre vielleicht die aufgabe für ein anderes werk.
stattdessen soll die frage erörtert werden, ob man stirner wirklich anarchisten nennen kann, und wenn ja, wieso er dies dann unterlässt in seinem text offen zu erklären.
das problem, denke ich, liegt in dem anarchismus und der anarchistischen bewegung. stirner zitiert den anarchisten proudhon, aber seine kritik an ihm zeigt seine haltung zu der anarchistischen bewegung im allgemeinen. er ist sich der anarchistischen position bewusst, aber sieht ihre fehler. nämlich die, dass der anarchismus zu leicht auch wieder eine dogmatische "idee" werden kann, eine ideologie, die dadurch dann auch nicht besser wäre als der kapitalismus, der staatssozialismus und andere systeme. wenn der anarchismus nicht mehr den menschen, ihren freien ideen, ihrem willen, ihrer kreativität und der entfaltung ihrers innersten, ihrem selbst dient, sondern auch wieder ein programm ist, mit parolen, grundsätzen, die befolgt werden *müssen*, denen man nachlaufen muss wie ein parteisoldat, dann ist der anarchismus nichts wert. und während er in seiner theorie nicht unbedingt immer so war, ist der anarchismus in seiner praxis dies zu dem grössten teil geworden.
stirner hat dies begriffen, und war deswegen schlau genug, sich nicht in den anarchismus als ideologie einzureihen.
aber, wenn stirner nicht im herkömmlichen sinne anarchist war, was war er dann?
stirner war anarchist, in dem sinne, dass sein werk, seine thesen, würden die menschen sie befolgen, eine herschaftsfreie, gleichberechtigte gesellschaft schaffen würden, in denen sich die menschen nach ihrer natur ausleben könnten, ohne herscher und einschränkungen in dem sinne. dessen bin ich mir vollkommen sicher. er war nicht anarchist in dem sinne, dass er parolenschreien, das ausarbeiten von flugblätter und 'programmen' voller versteckter und offensichtlicher dogmen, dass in fixen ideen und vorurteilen denken der selbsternannten anarchisten befürwortet hätte.
stirners ideen würden zur anarchie. und wären seine ideen verbreitet, würden sie zum kampf für eine anarchistische gesellschaft führen.
stirner war ein radikaler, dessen alles bestehende umwerfende ideen, von umgemeiner wichtigkeit sind.
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